Filmkritik zu London Has Fallen
Mike macht’s wieder möglich
28. Juli 2016 | von Martin Sowa
Endlich mal wieder ein echter Actionfilm, werden die einen sagen – und schon wieder gewaltverherrlichender Schwachsinn die anderen. Aber so einfach ist das nicht. Natürlich ist London Has Fallen kein Thriller-Meisterwerk sondern ganz eindeutig dem Action-Genre zuzuordnen. Wie der erste Teil erinnert auch die Fortsetzung massiv an die „Stirb langsam“-Reihe mit Bruce Willis, die allerdings auch eine breite Fanbasis ihr eigen nennen darf. Der Erfolg des ersten Films war übrigens erst der Grund dafür, warum London Has Fallen überhaupt gedreht wurde – und natürlich hat Gerard Butler auch schon einen dritten Teil angekündigt, sollte sich der Erfolg wiederholen. Und wenn es man es genau betrachtet, ist London Has Fallen im Gegensatz zu vielen anderen Sequels noch etwas besser als sein Vorgänger.
Zunächst wäre da Hauptfigur Mike Banning zu nennen, der sich dieses Mal nicht als Außenstehender einmischt, sondern per Auftrag mitten im Geschehen steckt. Dort funktioniert er allerdings genauso perfekt wie beim Angriff aufs Weiße Haus und behält fast immer die Kontrolle. Trotzdem merkt man ihm an, dass er so langsam die Schnauze voll davon hat, dass irgendwelche Terroristen glauben, durch den Tod des US-Präsidenten die Welt zu verändern. Und dementsprechend aggressiv gibt er sich als Ein-Mann-Antiterrorkommando dem Gegner gegenüber – Verhandlungen und Diplomatie interessieren Banning nicht, seine Stärken liegen eindeutig in handfesteren Bereichen und losem Mundwerk sowie scheinbar unerschöpflicher Energie.
Keine Zeit für Pausen
Davon wird London Has Fallen insgesamt beeinflusst, Ruhepausen sind hier Mangelware. Wurde im ersten Teil noch angeregt diskutiert und gefeilscht, sind die offiziellen Organe der Amerikaner und Briten weitgehend kaltgestellt. Lediglich Asher selbst wirkt gelegentlich als Stimme der Vernunft auf Banning ein, wenn er nicht gerade selbst noch unverletzten Terroristen gegenüber steht. Ansonsten aber nutzt Banning die freie Gestaltung seiner Arbeit aus und hält Freund und Feind ordentlich auf Trab. Das gilt sogar für Regisseur Babak Najafi, der das Kommando von Antoine Fuqua übernahm und sich damit wegen geringer Erfahrung im Langfilm und Actiongenre auf ein Abenteuer einließ. Wohl auch aus diesem Grund hat er sich eine Reihe Experten als Berater ins Boot geholt, die ihm bei Bedarf unter die Arme griffen und Najafi damit die Möglichkeit gaben, sich ganz auf seine Stärken zu konzentrieren.
Und die liegen eindeutig in der sehr zielgerichteten Erzählweise der Geschichte, die insbesondere von einer sehr gelungenen Kameraführung profitiert – die am Stück dargestellten Kampfszenen sind extrem packend und erinnern stark an die Sequenzen aus bekannten Videospielen, die zwangsläufig die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Zudem gelingt es Najafi wohltuend, die starke Schwarz-Weiß-Zeichnung aus „Olympus Has Fallen“ nun besser auszubalancieren. Die Kriegsführung der USA wird hier zumindest mal kritisch angesprochen und auch die Vorgehensweise Bannings hat mit der eines edlen Ritters kaum noch etwas gemein. So kann man auch mal großzügig über die erneut etwas unlogisch anmutende Hintergrundgeschichte hinwegsehen, die dann bisweilen doch recht konstruiert und mehr wie das Mittel zum Zweck wirkt.
Ein Hauptdarsteller im wahrsten Sinne des Wortes
Auch die Rollen neben Hauptdarsteller Gerard Butler bleiben etwas blass und man bekommt den Eindruck, dass hier durchaus Potenzial verschenkt wurde. Ein Morgan Freeman etwa muss im Vergleich zum ersten Film deutlich zurückstecken und auch Robert Forster und Melissa Leo bekommen weit weniger Rampenlicht als zuvor. Der neu hinzugekommene Jackie Earle Haley muss ebenfalls aus wenig Screentime viel herausholen (was er ja zum Glück kann) und Alon Aboutboul bleibt als Kopf der Terroristen ebenso wie sein Filmsohn Waleed Zuaiter nach vielversprechendem Anfang dann leider doch recht eindimensional. Aaron Eckhart hingegen gibt dem US-Präsidenten dieses Mal ein schärferes Profil und packt von Banning inspiriert kräftig mit an. Selbiges gilt für die neu eingestiegene Charlotte Riley als MI6-Agentin, die als einzige der britischen Vertreter Kompetenz und Entschlossenheit ausstrahlt.
Unter technischen Gesichtspunkten fällt die Blu-ray von London Has Fallen weitgehend positiv auf. Bild und Ton sorgen für großen Filmspaß im Heimkino. Das Bild verkraftet das hohe Tempo des Actionkrachers problemlos und unser Surround-System bekommt fast durchgängig ordentlich was zu tun. Bei den zahlreichen Explosionen knallt es logischerweise richtig und auch die Verfolgungsjagden und zischenden Salven aus diversen Schusswaffen fliegen dem Publikum ständig um die Ohren.
Spektakulär ist auch der Blick ins Bonusmaterial, das nicht nur quantitativ sondern auch inhaltlich lohnenswert ist. Neben den üblichen Interviews mit Cast und Crew sind vor allem die Featurettes sehr interessant und zeigen, welch großer Aufwand hinter einer solchen Produktion steckt. Allein die unglaublichen Nachbauten, die das Filmteam aufgrund der problematischen Drehbedingungen in London errichtet hat, sind extrem beeindruckend und lassen großzügig darüber hinwegsehen, dass die Special Effects bei den riesigen Explosionen zu Beginn der Terrorwelle dann doch etwas mau daher kommen.
Fazit
Für Freunde des sensiblen Dramas ist London Has Fallen wohl eher nichts. Gottseidank, schließlich wird hier Action gewünscht und die wird auch über die Maßen geliefert. Ein Wahnsinnstempo von Anfang bis Ende, coole Sprüche und spektakuläre Kampfszenen inklusive. Die sehr umsichtige Regiearbeit von Babak Najafi sorgt dabei für genau das richtige Maß, das London Has Fallen zu einer gelungenen Fortsetzung und die „Fallen“-Reihe hoffentlich zur Trilogie macht.